Vor Irkutsk in die Mongolei

Von Michael Koopmann
Dieser Kurztrip ist Teil eines größeren Themas: Transsib
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Unser Zug startet um 22:10 Ortszeit vom Irkutsker Bahnhof. Wir sind mal wieder eineinhalb Stunden früher da. Aber was soll man sonst auch um diese Zeit in Irutsk sonst machen? Die Wartezeit vergeht aber recht schnell. Ein halbe Stunde vorher steht unser Zug am Bahnsteig 3 bereit. Unser Wagen 8 hat von außen nicht, die inzwischen übliche, russischen grau rote Lackierung. As wir eingestiegen sind wissen wir warum: Es handelt sich einen Mongolischen Wagen. Alles wirkt etwas älter, aber gemütlicher, als in unseren bisherigen Wagen. Die Fenster sind mit dunkelroten, bestickten Stoff behangen. Auf dem Boden liegt richtiger Teppich. Im Abteil gibt es eine Rote, Edel aussehende Fransen Tischdecke. Auf den unteren Betten liegen Teppichartiger Stoff. Das Fenster hat noch einen richtigen Holzrahmen und lässt Sich auch öffnen. Leider pfeift aber auch der Wind aus allen Spalten. Bisher bleiben wir unter uns im Abteil. Wir verstauen unsere Rucksäcke und richten uns erstmal. Um uns herum hört man viele niederländische Stimmen. Das scheint wohl eine größere Reisegruppe zu sein.

Die Betten herzurichten benötigt etwas Improvisationen Talent um aus den bereitgestellten Laken und Decke ein Bett zu machen. Auch das Bedienen der Armaturen im Abort erfordert etwas Sucherei. Das drehen an allen möglichen Handrädern bringt zum Beispiel kein Wasser aus der Wasserkran. Hier muss man von unten Drücken. Gewusst wie. Nur der Samowar, der funktioniert zum Glück wie immer. Tasse drunter, Hahn auf und schon hat man heißes Wasser. Ich glaube zurück in Deutschland werde ich diese Zugeinrichtung am meisten Vermissen.

Leider müssen wir uns auch schon Bett fertig machen. Ärgern tut mich das wir nun im Dunkeln einer der schönsten Streckenabschnitte der Transsib, direkt am Baikalsee vorbei, befahren. Da haben wir uns eine echte Fehlplanung geleistet! Aber der größte Teil der Züge Richtung Ulan Ude fährt um diese Zeit. Der Wagen, der übrigens von der Deutschen Waggonbau AG hergestellt wurde, rappelt recht stark über die Schienenstösse. Vom Fenster pfeift es kalt herein. Trotzdem schlafen wir irgendwann ein.

Ich werde wach als wir grade in Ulan-Ude stehen. Schnell raus und ein Bild machen. Es ist aber eiskalt, noch am dämmern und auch sonst ist nix los am Bahnsteig. Schnell bin ich wieder im Abteil und haue mich nochmal aufs Ohr. Beim nächsten Aufwachen sind wir mitten in der Steppen. Der Blick aus dem Abteilfenster ist beeindrucken. Wie konnte sich die Landschaft nur auf diesem relativ kurzen Stück nu so verändern? Es ist ein relativ breites Tal mit Wenig bewachsenen Bergen rechts und Links. Dazwischen schlängelt sich unser Zug durch mit wenig Büschen und Bäumen bewachsenes Grasland. Toll! Man will kaum woanders hinschauen um nix zu verpassen. Ab und zu kommen ein paar Holzhäuser. Mal eine paar Kühe oder Pferde. Mal Seen und größere Flüsse. Wir machen viel zu viele Bilder und Filme von der Landschaft. Dieser Anblick entschädigt für den verpassten Baikalsee im dunkeln.

Grenze
Nach viele Halten im gefühlten Nirgendwo ist irgendwann der Grenzbahnhof Nauski erreicht. Wir stellen uns auf längere Pass- und Zollkontrollen ein die es Laut Transsib-Führer hier geben soll. Es kommt auch en Grenzer und will unser Pässe sehen. Das war es dann aber auch! Laut Fahrplan haben wir hier 5 Stunden Aufenthalt! Wir steigen aus und schauen erstmal dem Rangieren am Bahnhof zu. 3 Wagen von unserem Zug scheinen hier zu enden bzw. im nächsten Zug wieder Richtung Irkutsk zu fahren. Dafür werden erstmal alle Wagen auf ein anderes Gleis rangiert und dort mit 2 anderen, wahrscheinlich die Kurswagen aus der Mongolei, gekuppelt. Dann kommt unserer und ein zweiter Wagen wieder auf das erste Gleis. Währenddessen steigt eine Brigade der russischen (?) Armee in den Zug Richtung Irkutsk. Verladen wird alles vom Seesack über Stromerzeuger bis zum Autoreifen. Keine Ahnung wo die hinwollen. Danach wird es ruhig in Nauski. Wir erkunden das Bahnhofsumfeld. Kurz gesagt: Nauski ist der Mittelpunkt vom Nirgendwo! Hier ist fast nix. Ein Kiosk und eine improvisierter Stand bieten Kekse und Tütensuppen an. Etwas weiter hinten ist ein kleiner Supermarkt mit etwas größerem Angebot. Hinterm Bahnhof ist ein, laut Reiseführer, kleiner Park. Dieser hat aber auch die besseren Zeiten Hinter sich. Und sonst? Viele Zusammengeschusterte Holzhäuser und das war es. Unser Aufenthaltsort für die nächsten Stunden!

Es folgen 3 Stunden Langeweile. Mal was zu Essen kaufen, dann einer Diesellok beim Rangieren zuschauen und dann mal wieder den Bauarbeitern beim arbeiten bzw. rumstehen zuschauen. Was hätte man alles in der Zeit erleben können?! Einen weiteren Fahrgast, einen Mongolen, bekommen wir in unser Abteil. Um 12 Uhr Moskauer Zeit, also 17 Uhr Ortszeit ( oh Man so spät ist es schon ?,) kommt Bewegung in die Sache. Alle Passagiere bewegen sich Richtung Zug. Hier kommen zu erst nochmal russische Grenzbeamte und wollen unsere Pässe sehen, direkt gefolgt von anscheinend weiteren Beamten die unsere Pässe einsammeln. Mit unsere Pässen verschwinden diese dann rund 1 Stunde in ein Gebäude. Zwischendurch kommt mal ein Zöllner mit einem Hund durch. Dann müssen wir aufstehen und den Stauraum unter den Sitzen zeigen. Dann bekommen wir unsere Pässe wieder. Der nächste Zollmensch kommt und schickt uns aus dem Abteil. Er leuchtet mit der Taschenlampe in einige Ecken und verschwindet wieder. Dazwischen läuft ab uns zu mal eine Truppe wichtig blickender Menschen durch den Wagen. Jetzt weiß ich was die ganzen Einwohner in Nauski machen. Sie arbeiten alle beim Zoll oder bei der Eisenbahn.
Die Schaffnerrin gibt uns Formulare zum ausfüllen. Eigentlich alles Fragen die wir auch schon bei Visums Erteilung angegeben haben, aber nun halt nochmal ausfüllen. Irgendwann sind wir fast fertig und wahrhaftig setzt sich unser Zug in Bewegung. Es geht zuerst über einen eingezäunten Grenzstreifen bis wir zur Grenzen kommen. Nach einer ‚Todeszonen‘ mit viel Stacheldraht scheinen wir wirklich in der Mongolei zu sein. Kurz darauf halten wir schon wieder. An einem kleinen Haltepunkt wird unser Zug von Soldaten inspiziert. Nach einigen Minuten kann der Zug weiterfahren und die Soldaten salutieren. Jetzt werden endlich die Toiletten wieder aufgeschlossen. Für die Frauen an Board endliche eine Erleichterung. Vorbei ist das Spektakel aber noch nicht. Erst müssen wir Suchbaatar erreichen. Hier gibt es dann die mongolischen Grenzkontrollen.

Hier dann eigentlich das gleiche Spiel. Es kontrolliert einer die Pässe, dann kommt eine streng blickende Dame und sammelt die Pässe samt Zettel ein. Es kommt jemand mit einem Hund und dann kommt einer und will unter den Sitz schauen. Dan warten und warten und man bekommt seine Pässe wieder. Dann wieder warten, warten, warten und insgesamt 7,5 Stunden kann es wirklich weiter gehen! Uff. Was eine Tortur. Unserer weiter Fahrgast, der Mongole, hat in Suchbaatar unseren Wagen wieder verlassen. Er hat damit über 5 Stunden für die 25 km von Nauski bis Suchbaator gebraucht. Anscheinend hat er dieses Spektakel aber nicht zum ersten mal mitgemacht.

Für uns heißt es nun Abendbrot. Mit Fotografieren ist nichts mehr da die Sonne inzwischen untergegangen ist. So bleibt nur noch im dunklen Abteil den Sternenhimmel über der stockfinsteren Mongolei nach zu schauen. Morgen um 6:10 werden werden wir dann Ulan Baator erreichen.

Am nächsten Morgen ist die Nacht um 5 Uhr Ortszeit schon zu Ende. Die Wagenschaffner lassen nicht locker einen mit ständigem Tür auf und Tür zu zu wecken. Es ist kalt im ganzen Wagen wie die ganze Nacht schon. Vom Fenster zieht ein bitterkalter Luftstrom. Draußen sieht man am Horizont es minimal dämmern. Es ist viel zu früh für alles. Erstmal ein Tee vom Samowar. Dabei langsam die letzten Sachen in den Rucksack räumen. Vorher aber noch den Fleece Pulli raus und angezogen. Bei einer Tasse Tee kann man den Sternenhimmel aus dem Fenster erkennen. Durch die leichte Dämmerung erkennt man erste Konturen am Horizont. Schön!

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