Im Zug durch Sibirien. Der 3te Tag

Von Michael Koopmann
Dieser Kurztrip ist Teil eines größeren Themas: Transsib
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Im dunklen Abteil kann ich vom Bett durch das Fenster aus den Sternenhimmel sehen. Toll! Ab und zu scheinen vereinzelte Lichter von Bahnhöfen herein. Eine ganzer Tag in der Bahn geht zu Ende.

Irgendwann wache ich von der Sonne auf und merke wie der Zug langsamer wird. Genau rechtzeitig. Gleich halten wir in Barabinsk. 7 Uhr Moskauer Zeit, nach der ich mich momentan noch halte. Ortszeit ist 9 oder 10 oder sogar schon 11 Uhr? Ich habe da den Überblick verloren. Schnell was anziehen und raus. Draußen ist strahlend blauer Himmel und die Sonne wärmt angenehm. Da sind auch endlich richtige Babuschkas! Sie bieten vor allem Felle und geräucherten Fisch an. Aber auch Obst und Blinis. Da hatte ich mich schon drauf gefreut. Nach Verhandlungen (ich glaube zumindest verhandelt zu haben) erstehe ich 3 Blinis für 50 Rubel. Es ist noch genügend Zeit für ein Bild von der Bahnsteigbrücke über den Bahnhof. Als Bildhintergrund kann hier die obligatorische Denkmals-Dampflok dienen. Eigentlich jeder größerer Russische Bahnhof hat irgendwo auf einem Sockel eine Denkmalslok stehen die meist, zu mindest von weiten gesehen, einen sehr guten Zustand haben.
Mit Abfahrt kommt auch Bewegung ins Abteil. Robert nutzt schon die Waschmöglichkeiten im Zug und die beiden Russinnen richten ihre Betten. Auch ich schnappe mir mein Waschzeugs. Vorher Fülle ich meinen Wasserflasche noch mit etwas heißen Wasser aus dem Samowar um mir die Haare waschen zu können. Das gute an den russischen Zugtoiletten ist das sie immer einen offenen Abfluss nach draußen haben und man auf einem Gitter steht. So kann, der deutsche Tourist beim Versuch seine Haare zu waschen, auch soviel Wasser verplempern wie er mag. Auch das Reinigen der Toilette scheint wohl einfach mit einem großen Eimer Wasser durch den Raum zu Funktionieren. Man muss hier sagen, bis jetzt waren alle Zugtoiletten mehr als sauber. Das könnte sich die Deutsche Bahn einigen Scheiben von abschneiden.

Zurück im Abteil haben die Russinnen schon den Tisch mit Frühstück gefüllt. Wieder sind wir eingeladen. Ich schäme mich fast das ich ausser mein Schokocrossaint aus der Tüte und Milka Schokolade nix anbieten kann. Es gibt wieder Blinis, Tomaten und Eingekochte Pflaumen. Lecker! Dazu noch ein Tee aus dem Samowar. Das einzige was mir fehlt ist ein richtiger, frischer Kaffe.
Die Landschaft draußen ist flacher geworden. Die Strecke geht fast nur Grade aus. Bahnhöfe und Dörfer werden seltener. Meistens gibt es Birken zu sehen unterbrochen von Grasflächen. Ich verseuche einige Bilder und Videos aus dem Zugfenster zu machen und diese irgendwie einem Ort zu zuordnen. Anhand des Transsib-Buches klappt dies meist ganz gut. Mein GPS Logger, mit dem ich eigentlich die Bilder taggen wollte, hat mal wieder die Satelliten verloren und die dritte Batterie geleert. Jetzt reicht es mir. Das Ding kommt in die Tasche und ich logge manuell in meinen Buch mit.

Der Fahrplan kündigt als nächsten großen Halt Novosibirsk an. Die größte Stadt in Sibieren. Ich bringe meine Kamera in Stellung für die Fahrt über den Fluss ‚Ob‘. Kurz danach erreichen wir den Bahnhof. Wieder mal ein riesiger Bahnhof mit erstaunlich vielen Personenzüge ich alle Richtungen. Hier machen wir unsere Bilder von der Zugwartung und von der Bahnsteigbrücke über den Bahnhof. Die Stadt sieht sehr einladend aus. Alles ist aufgeräumt und rund um den Bahnhof sind Blumen gepflanzt. Wiedermal, wie bei fast jedem Halt, fragen wir uns warum wir nicht auch hier einen längeren Aufenthalt eingeplant haben. Es gibt soviele interessante Städte und Ecken in Russland die zu einem Besuch einladen. Nur wieviel Monate Zeit muss man hierfür einplanen? Mich ärgert es etwas ’nur‘ einen Monat zu haben. Aber wahrscheinlich wäre das gleiche Ergebnis bei einer 2 oder 5 monatigen Tour ?
Wir besorgen uns mit etwas zu Essen am Bahnhof und steigen wieder in den Zug. Wieviele Tage fahren wir jetzt eigentlich schon? Einen, zwei? Nein es sind nun fast 3 Tage im Waggon! Es ist extremst kurzweilig. Es kommt gar keine Langeweile auf. Immer ist irgendwas interessante am Fenster zu sehen. Zwischendurch ist Zeit mal im Buch zu lesen. Sehr entspannend. Wir haben es noch nicht mal von unserem Waggon weg geschafft. Heute Abend muss auf jedenfall der Speisewagen mal besucht werden!

Der weitere Tagesverlauf verläuft recht unspektakulär. Kurz vor Mittag kommt der Waggonschaffner zum Saugen des Abteils. Schnell alles vom Boden in Sicherheitbringen und alle Füße hoch. Nach dem Mittagsessen haben sich die Russinnen zu einem sehr langen Mittagsschläfen ins Abteil gelegt. Der Bahnhof Taiga bietet mal wieder die Möglichkeit eine schöne Denkmals-Dampflok zu sehen. Immer weniger Orte unterbrechen die schier endlose Landschaft bestehend aus Birken und Grasflächen. Mit der Kamera versuchen wir irgendwie dies einzufangen. Mit Fotos und Filmen. Es ist aber kaum möglich. Wie soll man auch so eine riesige Gegend auf so eine kleinen Chip bannen können? Beeindruckend sind auch immer wieder die großen Flüssen die wir queren. Den Ob oder den Tom. Flüsse größer als der Rhein die sich quer durch das Land schlängeln. Einige dieser grossen Flüsse hält noch nichtmal unser Reiseführer erwähnenswert.

Mit einem phantastischen Sonnenuntergang nähern wir uns der Stadt Marinsk. Hier ist mal wieder Lok Wechsel. Diesmal weil auch das Stromsystem sich ändert. Eine riesige russische 6 Achsige Elok wechselt mit einer andere riesige russische 6 Achsige Elok. Jeweils aber sehr moderne Zeitgenossen. Der Bahnhof wird in ein tolles Abendrot getaucht. Die Bahnsteigdurchsagen Hallen durch den Bahnhof und man hört aus allen Ecken Rangiersignale verschiedener Loks. Über den Wagen steigt der Qualm der Samoware auf. Beim Speisewagen raucht es am meisten. Hier scheint ein Kohleofen befeuert zu werden. Jetzt wird es Zeit diesen Wagen endlich mal zu besuchen und von innen zu besichtigen. Vorher aber noch kurz am Kiosk was fürs Frühstück am nächsten Tag besorgen.

Im Speisewagen ist es etwas dunstig. Wahrscheinlich Rauch aus der Küche. Der Wagen ist älter als unser Schlafwagen und deutlich lauter und man hört & merkt die Schienenstösse mehr. Die Inneneinrichtung ist in dunklem Holz gehalten. Mit Bögen und einigen Verzierung. Es wirkt sehr gemütlich. Hinten gibt es eine Bar auf dem -leider- ein Fernseher die aktuelle russischen Charts vor sich hin plärrt. Die Speisekarte ist auf russisch und englisch. Es gibt viel gegrilltes Fleisch und Fisch. Natürlich auch Soljanka und Borscht. Wir bestellen: Robert ein große Soljanka mit Cola und ich den gegrillten Lachs sowie eine Bier.
Das Essen kommt schnell und schmeckt wirklich lecker. Auch der Preis ist in Ordnung. Aus Moskau sind wir da viel schlimmeres gewöhnt. Leider gibt es meine gewünschten Pfannekuchen zum Nachtisch heute nicht in der Küche. Deshalb bestelle ich mir eine Borscht zum Nachtisch. Vielleicht nicht die passende Reihenfolge, aber lecker 😉

Unsere Russinnen sind noch Erzähl-Laune im Abteil. Leider bis recht spät in die Nacht. Keine Ahnung ob die irgendwann diese Nacht aussteigen müssen und deshalb die Ncht uum Tage machen. Ich mache irgendwann mein Bett fertig und Haue mich einfach hin. Das baltische Bier hat mich müde gemacht und überhaupt ist so ein Tag im Zug auch irgendwie anstrengend.

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